Liebe Kunden, Freunde und Partner,

ich hoffe, Sie sind gesund und es geht Ihnen den Ausnahme-Umständen entsprechend gut. Wir erleben derzeit alle einen gewaltigen Umbruch unseres Alltags und vieler vertrauter Selbstverständlichkeiten. Mit diesem Schreiben möchten wir mit Ihnen den aktuellen Stand unserer Forschung zu der psychologischen Dramaturgie der Corona-Krise teilen. Zumal sich die Stimmung in der Bevölkerung derzeit wandelt, denn wir befinden uns seit zwei Wochen in einer zweiten polarisierenden Phase der Krisenverarbeitung. Die Stunde der Zweifler ist gekommen! Der Eklat um die Mietaussetzung von renommierten Unternehmen wie adidas zeigt, wie stark die Menschen derzeit Orientierung und Vertrauen nicht nur in der Politik und in den Medien suchen, sondern auch bei den Unternehmen und Marken, die sie Zeit ihres Lebens im Alltag begleitet haben. Um diesem Wunsch adäquat zu begegnen, ist es wichtig die seelischen Achterbahnfahrten der vergangenen Woche in der Tiefe zu verstehen.

Phase 1: Handlungsbeweise und kollektiver Brems-Aktivismus

Die erste Phase war vor allem durch die Bewältigung der Ohnmachtserfahrung geprägt, mit der das Corona-Virus die Menschen konfrontiert. Alle sehen sich mit einer fremdartigen Bedrohung konfrontiert, die sinnlich nicht wahrnehmbar ist. Durch diese Unfassbarkeit funktionieren die bewährten Flucht- oder Abwehrreaktionen der Menschen nicht. Oft bleibt das Gefühl einer schwer aushaltbaren bleiernen Ohnmacht. Den Menschen ist es daher wichtig, sich in vielen Alltagsbereichen ihrer Handlungsfähigkeit zu vergewissern.

Das gelingt durch häufiges und ausgiebiges Händewaschen und durch das Einhalten der Abstandsregeln. Auch der Frühjahrsputz fällt dieses Jahr gründlicher aus, weil die privaten Bodenoffensiven zumindest den sichtbaren Schmutz effizient eliminieren und ihm glänzende Erfolgserlebnisse bescheren. Vor allem durch die Hamsterkäufe können die Menschen demonstrieren, dass sie das Heft des Handelns in der Hand haben. Sie haben das souveräne Gefühl, sich wenigstens aktiv versorgen zu können, wenn man sich schon nicht vollständig schützen kann. Zudem alimentieren sie durch den Hamsterkauf auch die Zeit jenseits des Hamsterrades. Wer genügend Kohlenhydrate im Schrank hat, hofft sich über potentielle Stimmungskrisen, Beziehungskonflikte oder einen drohenden Lagerkoller hinweg zu retten und sich notfalls in Trance zu futtern. Auch mit dem Horten von Klopapier demonstrierten die Käufer derzeit ihre - auch in Krisenzeiten - große „Geschäftstüchtigkeit“.

Gemeinsam haben Politik, Bürger und Medien versucht der Bedrohung zu begegnen und der Ohnmacht zu entkommen, durch eine Aktivitäts- bzw. Begrenzungsspirale. Über Wochen wurde die soziale Fastenzeit durch immer weitere Verzichtsappelle und Kontaktbeschränkungen ausgebaut. Aber trotz aller Anstrengungen und Maßnahmen bleibt allen Akteuren das Gefühl „ewige Zweite“ zu sein. Wie im Märchen vom Hasen und dem Igel scheint das Virus immer einen Schritt weiter zu sein und neue Einigelungen zu fordern. Mit dem Kontaktverbot und der partiellen Ausgangssperre in Bayern, hat diese Phase vor zwei Wochen ihren vorläufigen End- und Wendepunkt erreicht.

Phase 2: Zweifel und Polarisierungen

Wir sind in jetzt in einer neuen Phase. Weitere wirtschaftliche Maßnahmen wird es voraussichtlich nicht geben. Eigentlich müssten wir uns nun mit der sozialen Fastenzeit arrangieren. Das würde aber die Rückkehr der Ohnmacht bedeuten. Deshalb ist jetzt die Stunde der Zweifler gekommen. Der gesellschaftliche Zusammenhang wird in den nächsten Wochen zunehmend bröckeln.

Für die Politik wird es nun sehr viel schwieriger, den Prozess zu steuern. Denn viele Menschen stellen sich derzeit die Frage: Muss das überhaupt alles sein? Sind die Maßnahmen angemessen? Wie lange soll der Zustand noch dauern? Die über alle politischen Parteien hinweg beschworene Einheit wird in den kommenden Tagen und Wochen Risse bekommen und es werden sich polare Fronten bilden: Virologen versus Wirtschaft, Freiheitsliebende versus Autoritätsgläubige, Junge versus Alte, Krisen-Gewinnler versus Krisen-Verlierer. Dadurch werden auch die im Netz kursierenden Verschwörungstheorien neue Nahrung erhalten.

Die Polarisierungsphase birgt die Gefahr, dass die alten Spaltungen in der Gesellschaft nach Wochen der Solidarität wieder vehement aufbrechen oder sich verfestigen. Schon jetzt zeigen sich in den Familien oder Freundeskreisen Zerwürfnisse, Glaubenskriege und Gräben wie während der Flüchtlingskrise.

Zudem wird sich zum Osterfest auch die Sehnsucht nach einem Ende der sozialen Fastenzeit verstärken. Die Symbolik der Wiederauferstehung verheißt, dass wir die Gruft verlassen und wieder ins bunte und frühlingshafte Leben einsteigen können. Zumal auch der Begriff Quarantäne ein baldiges Ende der Einschränkungen verspricht. Denn Quarantäne (ital. Quarantena) bedeutet 40 Tage. Dieses Zeitmaß hat sich bereits während der mittelalterlichen Pestepidemien etabliert. Es umschreibt einen Zeitraum von knapp sechs Wochen der seelisch ermessbar ist. An diesem Zeitmaß orientieren sich auch die Sommerferien. Also spätestens eine Woche nach den Osterferien brauchen die Menschen eine neue Perspektive, wie sie das Leben in den nächsten Wochen gestalten können.

Die Suche nach konstruktiven Lösungen

In der Polarisierungs-Phase liegt aber auch die Chance, dass der Zweifel zu neuen und konstruktiven Lösungen im Umgang mit der Krise führt. Als Mitglied im zwölfköpfigen Expertenrat "Corona" von Ministerpräsident Laschet erlebe ich gerade, wie aus virologischer, wirtschaftlicher, psychologischer, soziologischer, sozialer, ethischer und staatsrechtlicher Perspektive gemeinsam Kriterien und Maßstäbe entwickelt werden: Sowohl im Hinblick auf die erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, als auch zu einer möglichen Öffnung des sozialen und öffentlichen Lebens.

Leitlinie des Expertenrats ist dabei eine öffentliche Transparenz in der Diskussion der weiteren Entwicklungsschritte. Gerade in der Polarisierungsphase ist es wichtig, eine produktive Streitkultur zu pflegen und Maßnahmen oder Restriktionen nicht als alternativloses Diktum zu verkünden. Dabei sollten jedoch auch keine falschen Hoffnungen geweckt werden. Eine kurzfristige Rückkehr zur Normalität, wie wir sie kannten, wird es nicht geben. Aber wir werden uns auf eine neue, eine „wachsame Normalität“ zubewegen.

Derzeit werden Konzepte für sinnvolle Maßnahmen jenseits der jetzigen kollektiven Restriktionen entwickelt. Eine solche flexible und risikoadaptierte Strategie verbindet eine Lockerung der derzeitigen Beschränkungen mit einem weiterhin wirksamen Gesundheitsschutz. In absehbarer Zeit wird es daher spezifische Regelungen für Branchen, Regionen oder bestimmte Zielgruppen geben. Das setzt aber voraus, dass die Menschen bereit sind mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. Psychologisch betrachtet kann dies gelingen, wenn die partiellen Lockerungen der Maßnahmen damit verbunden werden, dass die Menschen klare und individuell differenzierte Handlungsanweisungen bekommen, wie sie der Bedrohung begegnen können. Denn die klare individuelle Delegation von Verantwortung bannt nicht nur Infektionsrisiken, sondern auch Ohnmachtsgefühle. Bei all diesen anstehenden Herausforderungen sind nicht nur Politik und Medien gefordert, sondern auch Unternehmen und Marken. Denn sie können heute mehr denn je wichtige und vor allem alltagsrelevante Navigationshilfen für die Menschen sein.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie mit Ihren Familien, Freunden, Kolleginnen und Kollegen gut durch diese schwere Zeit kommen.

Bleiben Sie gesund und zuversichtlich! Wir sind – aus dem Homeoffice – weiter für Sie da.

Herzlich, Ihr
Stephan Grünewald

Was wir für Sie tun können

Es ist nicht leicht, als Marke und Unternehmen diesem rasanten Wandel in den eigenen Kunden- und Zielgruppen Stand zu halten. Ständig wechseln die Perspektiven und Verfassungen. Hier gilt es besonders, die Konsumenten und Märkte zu verstehen und die richtigen Maßnahmen kurzfristig umzusetzen. Speziell für diese außergewöhnliche Situation haben wir einige praxisorientierte Angebote vorbereitet, die Ihnen schnell Erkenntnisse zur Verfassung Ihrer Zielgruppen liefern und somit als wichtige Entscheidungshilfe dienen können.

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